Crosshelm, Klapphelm, Integralhelm: Darauf sollten Motorradfahrer achten - WELT

2021-12-14 17:55:00 By : Ms. Kelly Bai

Kein Dach über dem Kopf und keine Knautschzone: Motorradfahrer leben gefährlich. Ihre Sicherheitsausrüstung dient als einziger Schutz. Dazu gehört auch der Motorradhelm. Seit 1976 besteht Helmpflicht für Fahrer und Beifahrer auf Motorrädern, die mehr als 20 km/h fahren.

Der Markt für Helme, Marken, Farben und Systeme ist in den letzten Jahren gewachsen. „Gerade in puncto Sicherheit, Aerodynamik, Aeroakustik und Qualität sind moderne Helme nicht mehr mit ganz alten zu vergleichen“, sagt Jörg Lohse, stellvertretender Chefredakteur des Magazins „Motorrad“.

Obwohl das Grundprinzip mit Polsterschaum innen und Hartschale außen geblieben ist, haben sich die Materialien deutlich verändert. „Moderne Helme absorbieren Stöße bei hohen und niedrigen Geschwindigkeiten besser. Außerdem sind sie leiser und angenehmer zu tragen“, sagt Jörg Lohse.

Darüber hinaus bieten die Hersteller unterschiedliche Passformen an, damit Motorradfahrer aus einer großen Auswahl das passende Modell finden. „Die Passform ist entscheidend. Ein guter Helm muss richtig und bequem sitzen, wie ein Turnschuh“, sagt Jörg Lohse.

Er empfiehlt daher dringend, beim Kauf anzuprobieren und eine Probefahrt zu machen. Viele Händler bieten hierfür Testhelme an.

Obwohl es Standardgrößen gibt, variieren Helme laut Jörg Lohse in der Größe, da das Innenleben mit der Polsterung unterschiedlich geformt ist. Außerdem kann die Aeroakustik nur während der Fahrt überprüft werden.

Da jede Maschine unterschiedliche Windturbulenzen am Helm erzeugt, sollten Interessenten diesen auf Vibrationen und Geräusche testen. "Der Helm darf nicht flattern oder vibrieren und das Visier muss richtig schließen."

Käufer sollten zudem auf ein möglichst geringes Gewicht achten – und auf die noch gültige ECE-Norm 22.05 oder die neue Norm 22.06. Wichtig ist ein beschlagfreies Doppelvisier. Wenn es nicht standardmäßig integriert ist, sollte es nachgerüstet werden.

Empfehlenswert sind auch Sonnenblenden für Visiere, die auch bei schwierigen Lichtverhältnissen eine klare Sicht ermöglichen. Denn zur aktiven Sicherheit gehören unter anderem klare Sicht, gute Belüftung für ein angenehmes Tragegefühl und geringes Gewicht für ermüdungsfreies Tragen.

Bekannte Marken sind Arai, Shoei, Bell, Nolan, Levior, HJC, X-Lite, Shark und Schuberth. Ducati und Harley-Davidson stellen Helme her, Harley-Davidson seit 1958.

1975 ging BMW Motorrad eine Kooperation mit dem Helmhersteller Römer ein. Der auffällige Helm in Orange war Teil des BMW Programms. „Darüber hinaus hat BMW neue Fahrertrainings und ab 1978 Schutzkleidung und Zubehör entwickelt.

1981 gab es auch einen neuen Helmtyp: den Klapphelm“, sagt BMW-Archivleiter Fred Jakobs. Die Grundidee des jetzt im eigenen Haus entwickelten Systemhelms I: den Komfort eines Open-Jet-Helms mit der Sicherheit eines Integralhelms zu verbinden. Dazu kann das frei positionierbare Kinnteil des Helms nach oben bewegt werden.

Besonders beliebt war die neue Variante bei Brillenträgern und Rauchern. Im Vergleich zu Integralhelmen mussten die Bügel nicht mühsam zwischen Ohren und Helm gequetscht werden.

Mit einem speziellen Schloss konnte das Kinnteil des Klapphelms oben fixiert werden, so dass der Helm aufgefahren werden konnte – oder das Kinnteil in zwei Handgriffen ganz einfach abgenommen werden.

Nachteil: Die Helme waren schwerer und größer als reine Integralhelme. BMW ließ sich das System patentieren und war damit 20 Jahre exklusiver Hersteller. Der Klapphelm befindet sich derzeit in der siebten Generation des bayerischen Helmprogramms, im nächsten Jahr soll ein neuer folgen.

Von den verschiedenen Typen hält Jörg Lohse die Klapp- oder Vollintegralhelme für besonders sicher. Der Vorteil des Klapphelms: Je nach Situation wird das Sichtfeld erweitert und das Aufsetzen und Abnehmen des Helms erleichtert. Andererseits kann er im geschlossenen Zustand den Gesichtsschutz eines Integralhelms bieten.

Ein Jethelm ist halb geöffnet und bietet dem Fahrer ein großes Sichtfeld und ein intensiveres Fahrerlebnis mit viel Wind im Gesicht. Ohne Kinnteil ist das Gesicht des Fahrers jedoch weniger geschützt als mit einem geschlossenen Integralhelm. Der Enduro- oder Crosshelm verfügt über mehrere Belüftungsschlitze.

Zudem gibt es eine bessere Belüftung im Helm durch ein weiter nach vorne ragendes Kinnteil. Gerade im Motorsport mit körperlicher Belastung bekommen Fahrer mehr Luft. Nachteil: Ein feststehender Sonnenschirm beeinträchtigt die Aerodynamik und kann Windgeräusche verursachen.

Die einfachste und sicherste Befestigung am Kinn ist nach Lohses Meinung der Doppel-D-Ring, da der Helm bei jedem Schließen genau richtig fixiert wird. Der Fahrer zieht einen Gurt durch zwei Ösen, damit der Gurt gespannt wird. Der Experte empfiehlt für Vielfahrer nach drei bis fünf Jahren und für Wenigfahrer nach fünf bis sieben Jahren einen neuen Helm zu kaufen.

Es sollte nach einem Sturz ersetzt werden. Auch wenn der Helm einfach von der Bank knallt und auf dem Boden aufschlägt. „Unsichtbare Mikrorisse im Inneren können den Helm zerstören, sodass er keine ausreichende Sicherheit mehr bietet“, sagt er. Der Schutz wäre dann weg.

Januar 2021 können sich Hersteller laut TÜV Rheinland nach der neuen Norm ECE-R 22.06 zertifizieren lassen. Die neue soll mittelfristig die bisherige, 20 Jahre alte Norm ECE-R 22.05 ablösen.

Ab 03.06.2022 werden nur noch Zulassungen nach ECE-R 22.06 erteilt. Ab 03.06.2023 darf das Prüfzeichen nach ECE-R 22.05 nicht mehr angebracht werden (Produktionsverbot).

Ab dem 3. Januar 2024 gilt ein Verkaufsverbot für Helme, die nach alter Norm zugelassen sind. Dies gilt laut Prüforganisation nur für Nutzerstaaten, die die ECE-R 22 in nationales Recht umgesetzt haben. Die ersten Modelle haben bereits eine Zulassung nach ECE-R 22.06.

Was ist anders an der neuen Norm? „Im Mittelpunkt stehen die veränderten Anforderungen an die Stoßdämpfungseigenschaften“, erklärt Prüfingenieur und Motorradexperte Peter Schaudt vom TÜV Rheinland.

Helme nach der neuen Norm würden umfassender getestet. Ob diese Anforderungen nicht auch von den „alten“ Helmen zufriedenstellend erfüllt werden, kann nur im Einzelfall geprüft werden.

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