Corona, Krieg, Energie, Klima: 4 Irrtümer bringen unser Weltbild ins Wanken - FOCUS online

2022-09-11 05:02:37 By : Ms. Jenny Jia

Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Klima-Katastrophe: dieser apokalyptische Vierklang verwirrt die Menschen zunehmend. Alte Weltbilder geraten ins Wanken und werden durch neue ersetzt. Doch so einfach ist es nicht. Ein kurzer Überblick über die vier größten Irrtümer.

Wir leben im Zeitalter einer neuen Unübersichtlichkeit, liest man jeden Tag. Die Welt sei in Unordnung und nicht mehr prognosefähig.

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Doch inmitten der apokalyptischen Gesänge erkennen wir – und zwar deutlicher als vor dem Ukraine-Krieg und der Energiekrise –, dass viele unserer bisherigen Glaubenssätze ihre Gültigkeit verloren haben. Eine Welt in Bewegung, die ihre Schockwellen quer durch alle Volkswirtschaften schickt, wirkt wie ein großes Röntgengerät. Mindestens vier tragende Teile unseres bisherigen Weltbildes sind unter dem Druck der Ereignisse porös geworden. 

Irrtum 1:  Wir erleben das Ende des Ölzeitalters, hieß es immer wieder bei den Grünen. Hier war der Wunsch der Vater des Gedankens. Aus der ökologischen Notwendigkeit einer globalen CO2-Reduktion wurde – in den Köpfen unzähliger Politiker, Buchautoren und Wissenschaftler – eine ökonomische Falschaussage.

Mutmaßlich wird das Öl-Zeitalter erst an dem Tag beendet sein, an dem der letzte Tropfen das Erdreich verlässt. Die traditionellen Ölmächte – Konzerne wie Saudi Aramco, Staaten wie Russland und Staatenverbünde wie die OPEC – zeigen in diesen schicksalhaften Zeiten ihre wahre Potenz.

Russland schickt mit seinen Spielereien am Gashahn die ganze Welt in eine Rezession. Sehr gezielt löste  Putin  einen Angebotsschock aus. Auch das Öl-Kartell OPEC, von vielen im Westen bereits totgesagt, zeigt, was in ihm steckt. Trotz aller Drohgebärden der Amerikaner wird diese Fördergemeinschaft, in der 13 Staaten, darunter Kuweit und Saudi-Arabien, versammelt sind, die Anfang August beschlossene Erhöhung ihrer Fördermenge um 100.000 Barrel pro Tag ab Oktober wieder zurücknehmen.

Die Ölscheichs sind selbstbewusst, sie wollen die Krise nutzen, um ihre überhöhten Preise noch weiter zu steigern. Sie wissen: In der Blutbahn der Weltwirtschaft zirkuliert nicht Windenergie, sondern Öl.

Irrtum 2:  Der Kampf gegen die Klimakatastrophe ist die Top-Priorität der Weltgemeinschaft. Auch hier darf das Wünschenswerte nicht mit der Wirklichkeit verwechselt werden. Die ehemalige Kohlegroßmacht Bundesrepublik, deren fossiler Reichtum sich nach Jahrzehnten der Ausbeutung erschöpft hat, sieht sich heute als politischer Vorreiter für eine Dekarbonisierung aller Wirtschaftskreisläufe.

Andere Mächte dieser Erde – vorneweg die Öl- und Gas-Staaten selbst, aber auch große Konsumenten fossiler Rohstoffe wie Indien und  China  – denken nicht daran, ihre Priorität der unseren unterzuordnen. Ihre Priorität ist der Kampf gegen Armut und Unterentwicklung. Sie sind keine Klimaleugner, aber sie verfolgen eine andere Agenda. Sie sehen sich in einem globalen Aufholprozess, sie verfolgen das Ziel einer nachholenden Industrialisierung. Sie wollen keine ökologische Musterhaussiedlung errichten, sondern die Menschen aus den Elendsquartieren befreien.

Zur Erinnerung: In Indien leben nach Angaben von SOS-Kinderdorf zwei Drittel der Menschen in Armut und müssen mit weniger als zwei US-Dollar pro Tag auskommen – das sind mehr als 930 Millionen Menschen. In China ist fernab der glitzernden Metropolen noch immer ein Großteil der Bevölkerung in Armut gefangen. Das Netto-Durchschnittsgehalt in den ländlichen Regionen beträgt 7,50 Euro am Tag.

Irrtum 3:  Die Zukunft gehört der Dienstleistungsgesellschaft. Unzählige Kongresse wurden mit dieser Titelzeile bestritten. Doch in Wahrheit lösen sich die Agrar- und die Industriegesellschaft nicht in der Dienstleistungsgesellschaft auf, sondern alle drei existieren zeitgleich nebeneinander. Eine Weltbevölkerung, die in Richtung zehn Milliarden Menschen wächst, braucht eine globale Agrarwirtschaft, die nichts mit unseren romantischen Vorstellungen vom familiengeführten Bauernhof zu tun hat.

Zugleich kann es eine Welt im Wohlstand nicht geben, wenn nicht weiterhin industrielle Produktion stattfindet. Die Rettung vor den grausamsten Auswirkungen der Corona-Pandemie wurde nicht von den Disziplinen Marketing, Software-Entwicklung und Vertrieb organisiert, sondern von der pharmazeutischen Industrie. Es waren die Produktionsbetriebe von CureVac, Moderna und Biontech, die den Impfstoff herstellten; und es waren Flugzeuge, Frachtschiffe und Lastwagen, die ihn auf der Welt verteilten.

Irrtum 4:  Die USA sind die letzte verbliebene Großmacht, hat der amerikanische Politikwissenschaftler Michael Beckley behauptet – und alle haben genickt. Doch Russland und China widerlegen diesen Glaubenssatz der amerikanischen Denkfabriken jeden Tag.

China greift an der ökonomischen Front an. Russland beweist, dass man nur drei Dinge braucht, um den Großmacht-Status zu begründen: den Besitz von Atomwaffen, ein beeindruckendes Rohstofflager und den Willen, beides mit großer Rücksichtslosigkeit einzusetzen.

Fazit:  Die neue Normalität erinnert sehr an die alte. Vielleicht sollten wir unseren Blick auf die Welt den Realitäten anpassen, auch wenn das schwer fällt. Leo Tolstoi ahnte es: "Alle wollen die Welt verändern, aber keiner sich selbst. “

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... aber auf den Punkt gebracht. Dankeschön. Selten liest man etwas von außerhalb der "Wir-sind-gute-Menschen"-Blase. Klar werden wir Umweltzerstörung und Energiekonsum nicht immer weiter steigern können, eine Trendwende brauchen wir. Aber eine 180° Kehre hilft da wenig. Dadurch wird sich die Weltgemeinschaft nicht ändern. Es wird sie nur in einem einen: Im schallenden herzhaften Lachen über Deutschland.

Dienstag, 06.09.2022 | 17:26 | Nikolaus Krtamer  | 1 Antwort

Es ist leichter sich der Realität anzupassen als die Realität grünem Wunschdenken anzupassen,keine Frage.Wenn ich schon das Wort "Vorreiter" im Zusammenhang mit Deutschland höre,weiß ich es wird teuer,schlecht und dämlich.Weder das Klima noch die Menschenrechte oder LBTG Befindlichkeiten können von D "gerettet" werden.Den Klimawandel aufhalten zu wollen zeugt von grenzenloser Naivität,man wird lernen müssen damit umzugehen.Die hausgemachte Kostenexplosion bei Gas und Öl ist nicht Putins Schuld sondern die unserer Ampel.Gutes und böses Gas gibt es ebensowenig wie gute und böse Pipelines,andere Abnehmer wissen das.Atomkraft aus ideologischen Motiven abzulehnen ist in unserer Situation hanebüchen.Wir werden sie mindestens als Brückentechnologie brauchen und sollten auch weiter daran forschen.

Die haben in vielen Punkten recht. Allerdings gibt es bei der Gaskrise zu berücksichtigen, dass dies das Werk der Politiker aller Couleur der letzten 30 Jahre die uns auf diesen Pfad geführt haben und der Industrie, die diese wegen vermeintlich günstigen Rohstoffen diesen gerne unterstützt hat. Leider muß man Allen mangelndes strategisches Denken bescheinigen

anspruchsvoll. wer glauben hat,der hat und sieht seine zukunft. wer keinen hat, sieht keine und fühlt sich tot.jedem geschieht eben, worauf er baut und woran er glaubt.der freie wille eben...

besteht darin, dass er gedanklich im Jetzt stehen bleibt und nicht erkennt, dass es wichtig ist, die richtigen Ziele für die Zukunft zu verfolgen. Er unterstellt einfach den Akteuren, dass sie nicht erkennen, dass die genannten Ziele (1. Weg vom Erdöl; 2. Kampf gegen Klimakatastrophe sollte mehr Priortiät bekommen. 3. Wir müssen weg vom Wohlstand in der Form "immer mehr") im Moment noch nicht erreicht sind. Das ist aber falsch. z.B.: Wer denkt denn aktuell, dass das Erdölzeitalter schon zu Ende sei? Praktisch niemand! Dass wir am Ende des Erdölzeitalters stehen, kann man jedoch vertreten, denn wir werden wegmüssen vom Erdöl in absehbarer Zeit und nicht erst in 1000Jahren! Mein Fazit: Steingart deckt Irrtümer in Behauptungen auf, die kaum jemand vertritt!

Wir ändern das Klima! Auch wenn sich die Wissenschaft einig ist, werden wir das Weltklima so wenig ändern, wie der Wunsch nach Weltfrieden! Die ganzen Punkte zeigen wie "Divers" wir sind....

In der Bilanz steht Wirtschaftlichem Wachstum immer Bevölkerungswachstum und Umweltzerstörung gegenüber. Und da ist bei Indien und China die Bilanz sehr negativ. Auch die Industrie muss langsam mit anderen Augen gesehen werden. Wir brauchen sie, aber nicht die Industriearbeiter. In China steht z.B. eine Autofabrik mit 95% Automatisierungsgrad. Komisch, würde so eine Fabrik in einem rohstoffreichem Land wie Russland oder Brasilien stehen, hätten die für die Zukunft ausgesorgt.

nichts hinzuzufügen, außer der Anmerkung, dass die Deutschen (oder zumindest deren Regierung) in einer ideologischen Gutmenschenblase sitzend, immer noch denken, dass die Welt am deutschen Wesen genesen soll und nicht mal den Knall hören, wie diese Blase gerade zerplatzt.

Dienstag, 06.09.2022 | 13:54 | Karl Maywald  | 1 Antwort

So ganz Recht hat der Autor nicht. Hr. Putin hat sich mit der drosselung der gaslieferungen ein Eigentor geschossen. Klar im Moment ist das druckmittel GAS ein starkes Schwert. Aber schon im nächsten Jahr ist das schwert nur noch ein morscher Stock und er kann sich über kurz oder lang sein GAS dahin schieben wo die Sonne nicht scheint. Wir alle haben vor 2 Jahren gesehen was ein fallender Ölpreis mit den OPEC Staaten macht. Ohne öl können diese Staaten bald wieder mit ihren Ziegen in der Wüste spielen. Weil ausser zu konsumieren haben die nicht allzuviel drauf

Es bleibt zu hoffen, dass D endlich aufwacht und einen guten Pfad beschreiten sich von der selbstgemachte Abhängigkeit von russischem Gas zu lösen. Dabei beschreiten wir hoffentlich einen Weg, der die Volatilität von den Erneuerbaren ausreichend berücksichtigt. Allein mit Wind und Sonne gehen hier die Lichter aus. Wir werden noch lange an fossilen Rohstoffen hängen, wenn D eine Industrienation.

Für wen denn? Klimakriese haben wir seit dreisig Jahren. Meine Generation musse schon seit den 70 Jahren mit einer Energiekrise leben. Inflation ist hausgemacht und könnte durch preisdeckel und EZB schnell gestopt werden. Und Corona ist doch beherschbar. Wir wollen keinen Lockdown, keien Impfpflicht, wir wollen persönliche Freieheit und vulerabel müssen sich selber schützen. Jetzt ist Resilenz gefordert. meine Generation weiß gut damit umzugehn. Wie die FFFs und Straßenklber das schaffen werden wir jetzt erleben. Dann hilft kein Fordern von andern mehr sonder jeder mus jetzt selbst aktiv, leistungsbereit und eigenverantwortlich werden.

Dienstag, 06.09.2022 | 13:47 | uwe frigge  | 3 Antworten

4-6 Cent/kWh kostet Solar und Windenergie in Europa 6-9 Cent/kWh kostet Kohle und Erdgas 14-19 Cent/kWh kostet Atomstrom Selbst wenn man die volkswirtschaftlichen und ökologischen Schäden, von Gas, Kohle und Atomkraft nicht einrechnet, haben sie preislich gegenüber Wind und Sonne keine Chance. Darum entstehen momentan in Kanada, Australien und Afrika gigantische privat finanzierte Anlagen für Wind und Sonnenenergie, die dann Wasserstoff oder Ammoniak nach Deutschland und Europa liefern. Alleine in Namibia ein Wind und Solarenergie Park, von 100km X 50km größe in der Wüste.

Schön, wenn man in Afrika Strom für 1,04 cent erzeugen kann. Der steht dann nur für rund 9-12 Stunden nur dort zur Verfügung. Um Strom für 24 h zu haben muss die Energie gespeichert werden. Das kostet locker mal das 2 - 3 Fache in der günstigsten Version. Soll der Strom nach Europa kommen, braucht man Leitungen oder H2. Für H2 braucht man viel Wasser und ca die 5 fache Energie….

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