Flugchaos? Gibt es nicht! Japans Airports profitieren vom Toyota-Prinzip

2022-08-14 06:23:15 By : Ms. FU XI

Die Toyota-Philosophie der ständigen Verbesserung treibt die Airports in Tokio und Osaka zu Höchstleistungen an: pünktliche Abfertigung, kaum Warteschlangen. Davon können sich deutsche Flughäfen einiges abschauen.

Am Internationalen Flughafen Haneda der japanischen Hauptstadt Tokio bewegt sich die Schlange für den Sicherheitscheck viel schneller als an deutschen Airports. Statt nacheinander können sich vier Passagiere gleichzeitig an dem gekrümmten Beginn des Förderbandes eine Transportwanne nehmen und ihre Jacken, Taschen, Geldbörsen und Smartphones hineinlegen. Laptops und Tablets dürfen im Gepäck bleiben.

Überholen ist ausdrücklich erlaubt: Wer mit dem Beladen fertig ist, darf als nächster den Metalldetektor passieren und das durchleuchtete Gepäck auf der anderen Seite einsammeln. Meldet ein Inspektor etwas Verdächtiges, fährt die Wanne auf eine separate Schiene, dort wird das Gepäck geöffnet und untersucht. Diese „Smart Lane“ benötigt fast doppelt so viel Platz wie das alte System, aber erhöht die Abfertigungskapazität um die Hälfte und verkürzt die Wartezeit für die Passagiere um ein Drittel.

Die hocheffizienten Sicherheitschecks könnten mit ein Grund dafür sein, warum Reisende kürzlich gleich drei Flughäfen aus Japan in die Top Ten der „World Airport Awards“ von Skytrax gewählt haben. Die beiden internationalen Flughäfen von Tokio errangen Platz zwei (Haneda) und vier (Narita), der internationale Flughafen Kansai von Osaka kam auf Platz zehn, der Chubu Centrair International Airport von Nagoya war der weltbeste Regionalflughafen. Neben der Sauberkeit und Erreichbarkeit spielt bei der jährlichen Abstimmung die Freundlichkeit des Personals eine wichtige Rolle – und hierin liegt wohl das Erfolgsgeheimnis der japanischen Flughäfen.

Dort streben nämlich Staat, Airport-Betreiber und Fluggesellschaften unter der Devise „Fast Travel“ gemeinsam die höchstmögliche Bequemlichkeit der Reisenden an. In konzertierten Aktionen werden die Abläufe nach dem Kaizen-Prinzip von Toyota ständig verbessert. Automatisierung zielt weniger darauf, Arbeitsplätze abzubauen, vor allem soll das Personal mehr Zeit für die Kundenbetreuung bekommen.

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Auf diese Weise vermeiden die Flughäfen in Japan stundenlange Schlangen am Sicherheitscheck oder den Zusammenbruch des Gepäcktransports, wie es die Reisenden am Frankfurter Flughafen seit Monaten immer wieder erleben. „Das kaufmännische Denken im Westen sieht den Menschen als Kostenfaktor, bei der Toyota-Philosophie dagegen wird der Mensch gebraucht, um die Dinge optimal zu steuern“, erläutert Mari Furukawa-Caspary, Expertin für Kaizen und das Toyota-Produktionssystem.

Die Fluggesellschaften sehen ihren Service als Aushängeschild und wollen ihn daher verbessern. Die Kunden sollen nicht unter Jobkürzungen leiden. „Wir sind nicht an einem unbemannten Flughafen interessiert“, betont Kazuko Yashiki, Geschäftsführerin bei Japan Airlines für die internationalen Flughäfen in Tokio. „Unser Interesse ist, dass das Personal sich auf benutzerfreundliche Dienstleistungen konzentriert, die nicht vom System erbracht werden können.“ Die Airport-Betreiber wollen ihrerseits durch die Verkürzung der Dauer für die Ein- und Ausreise erreichen, dass die Fluggäste mehr freie Zeit auf dem Flughafen gewinnen, damit sie dort mehr Geld ausgeben.

Die heutigen Hochleistungen von Japans Flughäfen wurzeln in dem nationalen Beschluss vor 20 Jahren, Japan zu einer Hochburg des Tourismus zu machen. Bis 2030 will man die Zahl der ausländischen Besucher gegenüber der Jahrtausendwende um das Zwölffache auf 60 Millionen jährlich erhöhen. Angesichts der wachsenden Zahl von Flugreisenden, dem zunehmenden Wettbewerb zwischen den internationalen Flughäfen, den Bedrohungen der Sicherheit durch Terrorismus und dem Mangel an Arbeitskräften fördern der öffentliche und der private Sektor gemeinsam Innovationen, um für die Nutzer das weltweit höchste Service-Niveau auf Flughäfen zu realisieren.

Der Staat subventioniert die Airports und die Fluggesellschaften bei der Anschaffung von Systemen für einen reibungslosen Ein- und Ausreiseverkehr. Allein in den vergangenen vier Jahren flossen umgerechnet 205 Millionen Euro für Automatisierung, Robotik, Biometrie, künstliche Intelligenz und Internet der Dinge. So überwachen heute Sensoren die Terminals und messen das Gedränge der Menschen. Künstliche Intelligenz sagt die Bildung und Länge von Warteschlangen vorher. Aus den Daten lässt sich die angemessene Personalbesetzung ableiten. Zugleich werden die Reisenden über eingeblendete Hinweise auf Anzeigetafeln besser im Terminal verteilt.

Als Nächstes wollen die Betreiber die Fluggastbrücken automatisieren. Beim Testbetrieb auf dem Flughafen Itami nimmt eine Kamera an der Fluggastbrücke die Tür des Flugzeugs ins Visier, eine Software passt Abstand und Höhe der Terminalfingers während der Annäherung selbständig an. Das spart Arbeitskräfte und Zeitaufwand.

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