Life in the fast lane - Eine besondere Motorradreise in Peru

2022-08-21 05:12:06 By : Mr. Kevin Hsieh

Um eine Tour in Südamerika zu führen, sollte man als Tourguide einigermaßen flüssiges Spanisch sprechen. Mein Spanisch ist alles andere als flüssig, dafür kann ich ganz gut fotografieren und so zögere ich keine Sekunde, als mir Edelweiss Bike Travel einen Job als Tourfotograf anbietet, in Peru, auf einer Sondertour mit einer Gruppe aus Asien. Das ist schon einige Jahre her, doch die Erinnerung an diese nicht gerade alltägliche Tour ist noch sehr lebendig…

Fotos & Text © Edelweiss Bike Travel

In Arica, einer Stadt im hohen Norden Chiles, beginnt das Abenteuer. Kollege Jens und ich nehmen die Gruppe in Empfang, alles Männer, alle finanziell gut abgesichert könnte man sagen. Jens händigt ihnen die Motorräder aus, durchgehend große BMW GS, dazu zwei KTM 990 Adventure. Für mich ist keine mehr übrig, denn leider sind unsere Gäste zwar reich, aber offensichtlich nicht reich genug, um dem Fotografen, den sie eigens bestellt haben, ein eigenes Fahrzeug zu spendieren. Also nehme ich im Begleit-Pickup Platz, dessen Job es ist, hinter der Gruppe herzufahren. Wer schon einmal als Fotograf gearbeitet hat, erkennt sofort, wo hier der Hase im Pfeffer liegt.

Gleich der erste Tag führt uns an die Grenze nach Peru. Jens hat eine Aktentasche voller Dokumente und Papiere dabei und beginnt sofort mit dem Grenzübertritts-Zehnkampf. Bei dieser Sportart gilt es, in möglichst kurzer Zeit eine vorgegebene Anzahl von Formularen auszufüllen, diverse Stempel einzuholen und einen Parcours an Gebührenzahlstellen zu absolvieren. Jens spricht perfekt Spanisch und scheint mit allen Mitarbeitern an der Grenzstation befreundet zu sein, wie ein Derwisch wuselt er durch die Gänge und von einem Büro ins nächste, Stempel knallen auf Papier, Kassen klingeln. Alejandro, Mechaniker und Pickup-Fahrer, lässt das Gepäck röntgen, die Gruppe entspannt sich derweil im Schatten. Nur drei Stunden später ist es vollbracht, Jens hat alle 14 Motorräder und den Pickup legal von Chile nach Peru überführt. Jetzt kann es richtig losgehen!

Bevor es endgültig richtig losgeht, müssen wir noch einmal übernachten, denn der Grenzübertritt hat viel Zeit gekostet. Wir fahren nach Moquegua und durchqueren dabei eine endlos weite Wüstenlandschaft, die in sämtlichen Rottönen leuchtet. Mein Fotografenauge ist hellauf begeistert, leider habe ich aber nur einmal die Chance, meine Fotomodelle vor die Linse zu bekommen, denn unsere Gäste fahren schnell. Sehr schnell. Bald wird der Tourguide nach hinten durchgereicht, da er mit seiner 800er nicht mithalten kann. Alejandro und ich sind im Pickup auf verlorenem Posten.

Am nächsten Morgen fahren wir hinunter zur Küste und folgen der Panamericana, die hier spektakulär in die schroffen, fast vegetationslosen Klippen geschnitzt wurde. Das Licht und die Farben sind phänomenal! Jens wechselt ins Auto und ich nutze sein Motorrad, um während der Kaffee- und Mittagspausen vor die Gruppe zu gelangen, schließlich möchte ich die Motorräder nicht immer nur von hinten ablichten. Fast 500 Kilometer fahren wir an diesem Tag, davon über 350 auf dieser einzigartigen Küstenstraße, unsere Gäste sind begeistert, auch von dem kleinen, aber feinen Resort, in dem wir die Nacht verbringen. Direkt am Meer, das Rauschen der Wellen in den Ohren. Magisch!

Der folgende Tag ist kurz, aber aufregend. Es geht nach Nazca, wo die berühmten, überdimensionalen Scharrbilder zu Hause sind. Sie werden oft nur ganz profan als Nazca-Linien bezeichnet und viele von ihnen sind tatsächlich auch nur Linien, doch eigentlich geht es um die zahlreichen Figuren, die zum Teil mehrere hundert Meter groß sind. Wer sie schuf und wie sie erstellt wurden war lange Zeit ein Rätsel und auch heute hält sich der hartnäckige Mythos, dass Außerirdische ihren Beitrag geleistet hätten. Die Linien sind schnurgerade, die Figuren äußerst exakt gezeichnet und nur aus der Luft oder von den umliegenden Hügeln aus zu erkennen, deshalb besteigen wir zwei kleine Flugzeuge und verschaffen uns einen Überblick. Und lassen uns den Atem rauben, denn die Figuren sind wirklich absolut einzigartig, außerdem fallen die Cessnas immer wieder in Luftlöcher und sacken bedrohlich ab, was für gute Laune an Bord sorgt.

Nach einer geruhsamen Nacht in einer kleinen und einfachen, aber überaus landestypischen Herberge brechen wir am nächsten Tag auf in die Berge. Die Strecke nach Cusco gehört zum Besten, was Motorradfahrer finden können, nicht nur in Peru, sondern in ganz Südamerika und sogar darüber hinaus. 650 Kilometer Kurven, wenige Ortschafen, so gut wie kein Verkehr. Es ist ein Traum und die Philippinos lassen es fliegen. Weil die Strecke nicht komfortabel an einem Tag zu schaffen ist, übernachten wir irgendwo im Nirgendwo, wo es weder Telefon noch Internet gibt. Ein Drama für die vielbeschäftigten Firmenlenker und Unternehmensbosse, sie drängen Jens, bei den letzten verfügbaren Funknetzwellen noch eine Pause einzuplanen, was ihm auch gelingt. Nach zwei Stunden voller Telefonate und Emails tauchen wir schließlich ab. Und erleben den lustigsten, geselligsten und entspanntesten Abend der gesamten Tour…

Doch am nächsten Morgen ist die Nervosität groß, die Gruppe muss dringend ganz schnell zurück ins Netz und so werden alle Leistungs- und Geschwindigkeitsreserven aufgeboten, um baldmöglichst den nächsten größeren Ort zu erreichen. Wir halten an einer Tankstelle und in Windeseile werden Laptops aufgeklappt, Hotspots eingerichtet und verschiedenste Geräte miteinander verkabelt. Jens und ich betanken die Maschinen, kontrollieren Öl, Reifen und Bremsen, reinigen die Scheiben, kaufen uns einen Snack und Getränke, machen Fotos, freunden uns mit den Einheimischen an. Geschlagene dreieinhalb Stunden dauert die Netzwerkparty, dann geht es endlich weiter. Und weil es jetzt schon so spät ist, wird das Tempo noch etwas forciert, auf dem Altiplano gibt es auch längere Geraden und wir lernen, dass eine 1200GS auch auf über 3000 Metern Seehöhe noch gute 200 km/h schnell rennen kann. Die KTMs können der Höhe dagegen weniger abgewinnen, sie machen mit Motoraussetzern und Startschwierigkeiten auf sich aufmerksam. Trotzdem ist die Fahrt hinauf in die Anden und durch das Valle Sagrado für alle Beteiligten ein Fest. Außer für mich, denn ich sitze ja nach wie vor im Auto. Was sich jedoch bald ändern wird…

Wir parken die Motorräder in Ollaytantambo und besteigen den Zug nach Aguas Calientes, dem Tor zur berühmten Ruinenstadt Machu Picchu. Im örtlichen 5-Sterne-Hotel steigen wir ab, dinieren köstlich, schlafen fürstlich und freuen uns auf den Klang des Weckers um fünf Uhr morgens, der den Höhepunkt der gesamten Tour einläutet. Mit dem allerersten Bus fahren wir hinauf nach Machu Picchu, betreten das Gelände pünktlich um sieben Uhr und haben so die Gelegenheit, den einzigartigen Blick über die Stadt zu genießen, noch bevor die Szene von den zahlreichen, meist bunt gekleideten Touristen verunstaltet wird. Zu denen natürlich auch wir gehören, klar. Doch als wir die Bühne betreten, haben wir die traumhafte Szene schon im Kasten. Der frühe Vogel hatte wieder einmal Recht!

Mittags fahren wir zurück nach Ollaytantambo, ziehen uns um und machen uns auf nach Cusco. Die Strecke ist traumhaft schön, vor allem das letzte Stück, das auf fast 4000 Meter hinaufführt. Hier streiken die KTMs wieder, vor allem die eine lässt sich kaum mehr überreden. Dazu drängt die Zeit, einer der Teilnehmer muss vorzeitig abreisen, weil es in seiner Firma Probleme gibt. Große Firma?, frage ich. Ach, sagt er, so etwa dreißig… (schaut kurz aufs Handy) … so etwa dreißigtausend Angestellte. Ist meine größte Firma, ich habe noch ein paar andere. Er steigt ins Auto, lässt sich direkt zum Flughafen fahren. Jens nimmt die Gruppe und fährt nach Cusco, um rechtzeitig vor Anbruch der Dunkelheit anzukommen. Ich bleibe zurück, ganz allein mit der streikenden KTM. Der letzte Song, den wir im Begleit-Pickup gehört haben, klingt noch in meinen Ohren: All By Myself von Eric Carmen. Bis heute denke ich an diesen Moment, wenn ich das Lied höre.

Mehrere Mitglieder der Gruppe hatten vermutet, man müsse die KTM nur mit hohen Drehzahlen bei Laune halten und ihr keine Gelegenheit bieten, abzusterben oder sich zu verschlucken. Das hatte zu glühenden Krümmerrohren geführt, Besserung war aber nicht eingetreten. Meine Diagnose hatte mit Luftblasen zu tun, die sich in der dünnen Höhenluft in der Kraftstoffleitung bilden konnten und umso mehr auftraten, je höher die Motortemperatur war. Also ließ ich die Maschine abkühlen und fuhr dann vorsichtig und mit niedrigen Drehzahlen weiter. Bergab und im Stand stellte ich den Motor ab, die Temperatur blieb niedrig und die KTM lief einwandfrei. Sofort schloss ich sie ins Herz, denn sie hatte Ecken und Kanten, nicht nur optisch. Und sie bedeutete Freiheit, Freiheit für den Fotografen!

Cusco ist eine wunderschöne Stadt, vielleicht die spanischste des ganzen Kontinents. Die Kathedrale, das Leben auf der großen Plaza, die vielen Häuser aus der Kolonialzeit ein Genuss für alle Sinne. Keineswegs will ich die Schattenseiten des Kolonialismus verschweigen, sie sind mannigfaltig und bis heute spürbar, doch wenn man durch das nächtlich erleuchtete Cusco flaniert, spürt man davon nichts. Zumindest nicht als Tourist.

Der nächste Tag führt uns zum Titicacasee, wir erreichen über 4300 Meter Meereshöhe und die KTM läuft, wenn auch langsamer als die anderen. Die Landschaft ist im Wortsinn atemberaubend, himmelhohe Berge, tiefe Flusstäler, endlose Weiten. Die Farben sind surreal. Wir erreichen den riesigen See, der mehr als fünfzehn Mal so groß ist wie der Bodensee, schon zum Mittagessen und lassen uns danach mit einem Boot aufs Wasser hinausfahren. Ziel sind die Islas Flotantes, die schwimmenden Inseln der Uros. Diese aus Schilfgras gebauten Flöße dienen seit jeher dazu, den Wohnort bei Bedarf zu verlegen, zum Beispiel zur Flucht vor Feinden oder heute weitaus wichtiger vor dem Steuereintreiber. Die bunt gekleideten Indigenen sind ein schönes Fotomotiv, sie demonstrieren, wie eine schwimmende Insel gebaut wird und lassen uns teilhaben an ihrer Lebensweise. Natürlich ist das ein Touristenrummel erster Güte, doch es ist interessant und verschafft den Uros ein Einkommen. Fische fangen ist im stark verschmutzen Titicacasee kein Honigschlecken mehr.

Tags drauf geht es schon früh los, es erwartet uns ein langer Tag zurück nach Chile. Über 400 km, dazu der Grenzübergang Jens ist nervös. Doch wie üblich bewegt sich die Gruppe schnell, zu schnell sogar. Die zweite KTM quittiert den Dienst und wird aufgeladen, während ich das heiße Eisen inzwischen unter Kontrolle habe. Wie gehabt nütze ich jede Pause, um vor die Gruppe zu gelangen. Bis auf fast 4800 Meter schwingt sich die Straße auf und bleibt auch lange auf großer Höhe, die Landschaft ist wieder einmal grandios. Erst spät erreichen wir die Grenze, doch heim nach Chile geht der Übertritt viel schneller. Die Philippinos fahren noch am selben Abend zum Flughafen, sie müssen zurück in ihre Firmenkonglomerate und -imperien, die Privatjets warten. Ein Leben auf der Überholspur. Ob sie sich heute noch an diese Tour erinnern? Schwer zu sagen für mich war sie jedenfalls einzigartig. Unsere normale Machu Picchu-Tour haben wir übrigens noch im Programm, nur leider kann ich immer noch kein Spanisch…

Alle Details, Informationen und Preise zur Abenteuer Machu Picchu Motorrad Reise findet ihr hier.

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