Tutanchamun: Pharao in der Röntgenröhre - DER SPIEGEL

2022-09-18 01:40:14 By : Ms. Alisan Wang

In die Röhre: Ägyptens Chefarchäologe Hawass (links) leitete die CT-Untersuchung der Mumie

82 Jahre lang hat Tutanchamun seine Gruft nicht verlassen. Nun haben Wissenschaftler die Mumie erstmals seit ihrer Entdeckung durch den britischen Archäologen Howard Carter wieder aus dem Sarkophag geholt, um sie zu durchleuchten. Die aufwendige Aktion soll endgültig die Debatte um die Todesursache des Pharaos beenden, der um 1323 vor Christus im Alter von schätzungsweise nur 17 Jahren starb.

Auf einem einfachen Röntgenbild der Mumie, das vor 36 Jahren entstand, waren Knochensplitter im Schädel des Pharaos zu erkennen. Allerdings erlaubte das Bild keine sichere Aussage darüber, ob ein Schlag auf den Kopf die Ursache war. Dennoch kursiert spätestens seit der ersten Röntgenaufnahme die These über einen Mordanschlag auf Tutanchamun.

Der am gestrigen Mittwoch in Luxor durchgeführte CT-Scan soll nun Klarheit schaffen. 1700 Einzelaufnahmen entstanden während der 15-minütigen Prozedur, und sie können nach Meinung der beteiligten Mediziner und Altertumsforscher eine ganze Reihe von Fragen beantworten.

Neben der Todesursache geht es auch um das genaue Alter und die Abstammung Tutanchamuns. Denn es steht nicht mit Sicherheit fest, ob Tutanchamun der Sohn oder nur der Halbbruder des "Ketzerkönigs" Echnaton ist, der als erster Herrscher der Geschichte versuchte, einem Staat eine monotheistische Religion zu verordnen.

Aus dem Grab geholt: Arbeiter tragen die Mumie von Tutanchamun aus seiner Ruhestätte im Tal der Könige

Dreidimensionale CT-Aufnahmen wurden bereits mehrfach erfolgreich in der Archäologie eingesetzt. Eine Reihe ägyptischer Mumien, unter anderem die des berühmten Ramses I., wurden auf diese Weise untersucht. Auch an der 1991 entdeckten mumifizierten Leiche von "Ötzi" haben sich die Vorzüge des Computertomografen gezeigt: Auf den hochauflösenden Bildern erkannten Wissenschaftler eine Pfeilspitze in der Schulter des Gletschermanns, die ihn wahrscheinlich getötet hat.

Der ägyptische Chefarchäologe Zahi Hawass, bekannt für sein Geschick im Umgang mit den Medien und bei der Spendeneinnahme, spannt die Weltöffentlichkeit noch ein wenig auf die Folter. Die Ergebnisse des CT-Scans sollen erst Ende dieses Monats in Kairo bekannt gegeben werden.

Die Untersuchung habe außerdem gezeigt, dass die Mumie in einem sehr schlechten Zustand sei. Hawass kündigte an, nun unverzüglich mit der Restaurierung zu beginnen. Die Mumie sei bereits vor 82 Jahren beschädigt worden. Damals hätten Carter und sein Team mit unsachgemäßen Methoden die gold-blaue Totenmaske des Pharaos entfernt.

Die Maske ist das berühmteste der Fundstücke aus dem Grab des Pharaos. Die Beigaben befinden sich auf einer Wanderausstellung, die derzeit in der Bonner Kunsthalle gastiert. Die Totenmaske ist allerdings nicht unter den Ausstellungsstücken.