Deutscher Zukunftspreis: Quanten-CT, Löwenzahnreifen und Corona-Impfstoff im Rennen | Wissen & Umwelt | DW | 16.11.2021

2021-12-14 17:40:16 By : Ms. Eva Wong

Wir verwenden Cookies, um unser Angebot für Sie zu verbessern. Weitere Informationen hierzu finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Die BioNTech-Gründer sind Favoriten beim Deutschen Zukunftspreis im zweiten Corona-Jahr. Können Sie mit quantenzählenden Computertomographen oder Löwenzahnreifen gegen Teams antreten?

Mehr als 1,5 Milliarden mRNA-Impfstoffdosen wurden dieses Jahr bereits bei BioNTech hergestellt

Am Mittwochabend (17. November 2021) wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Siegerteam des diesjährigen Deutschen Zukunftspreises bekannt geben. Nominiert sind wie immer drei Teams mit Erfindungen, die Deutschland besondere Impulse gegeben haben – mit marktreifen, zukunftssicheren Hightech-Produkten. 

Anders als in den Jahren zuvor, als viele der Erfinder in Fachkreisen bestens bekannt waren, ist diesmal ein Team im Rennen, das im Laufe des Jahres Weltruhm erlangt hat: das Forscherehepaar Özlem Türeci und Uhur Sahin zusammen mit dem Ungar Biochemikerin Katalin Karikó und dem Arzt Christoph Huber.

2020 hat das Team den ersten und weltweit erfolgreichsten Impfstoff gegen das Coronavirus entwickelt, zur Marktreife gebracht und allein im Jahr 2021 Lieferverträge über 2,5 Milliarden Impfdosen abgeschlossen, von denen bereits weit über die Hälfte geimpft sind. Vor allem aber haben die vier Forscher dazu beigetragen, dass eine Medizintechnik herangewachsen ist, die noch enormes Entwicklungspotenzial hat.

Ugur Sahin, Özlem Türeci und Christoph Huber (von links nach rechts) setzen die Idee von Katalin Karikó in die klinische Praxis um.

Katalin Karikó hatte bereits in den 1980er Jahren die Vorarbeit zum aktuellen Erfolg der neuartigen Impfungen geleistet, indem sie erkannte, dass Krankheiten mit künstlich hergestellter Boten-RNA (Messenger-RNA oder mRNA) individuell und gezielt behandelt werden können. Sahin, Türeci und Huber haben dieses Prinzip mit ihrer Forschung weiterentwickelt und erkannt, dass die mRNA auch dazu genutzt werden kann, das Immunsystem gegen Krankheiten wie Krebs oder gegen Krankheitserreger wie Viren zu positionieren.

Der aktuelle Erfolg des Coronavirus-Impfstoffs Comirnaty markiert wahrscheinlich nur den Beginn des klinischen Einsatzes der mRNA-Technologie gegen unzählige andere Krankheiten. 

Auch ein weiteres nominiertes Team kommt aus der Medizin, allerdings aus der Bildgebung: Der Tübinger Physikprofessor Thomas Flohr, sein Kollege Björn Kreisler von Siemens Healthineers in Forchheim und sein Kollege und Humanbiologe Stefan Ulzheimer haben den Computertomographen deutlich verbessert.  

Erfolg mit speziellen Cadmium-Tellurid-Detektoren: Thomas Flohr, Björn Kreisler und Stefan Ulzheimer in der CT-Produktion.

Computertomographen (CT), im Volksmund auch „die Röhre“ genannt, sind dreidimensionale Röntgengeräte. Die Strahlenquelle rotiert schnell um den Körper des Patienten. Da der Körper einen Teil der Strahlung schluckt, können die Strahlungsdetektoren auf der anderen Seite ein Bild erzeugen: Organe, Knochen und Fasern unterschiedlicher Dichte sind deutlich zu erkennen.

Aus unzähligen Bildern berechnet der Computer ein komplexes dreidimensionales Modell des Innenlebens eines Menschen. Bei herkömmlichen CTs wandelt der Detektor das eingefangene Röntgenlicht zunächst in sichtbares Licht um und wandelt dieses dann in einem zweiten Schritt in elektrische Signale um.

Durch die doppelte Signalwandlung gehen jedoch wertvolle Informationen über die Energieverteilung des Röntgenlichts verloren. Dieses Licht trifft in Form einzelner Quanten auf den Detektor.

Der quantenzählende Computertomograph nimmt die einzelnen Röntgenquanten direkt auf und wandelt sie in ein digitales Signal um, das der Computer dann direkt verarbeitet.

Der Traum aller Mediziner: genau zu erkennen, was im Körper vor sich geht.

Der Schlüssel zum Erfolg war die Verwendung von kristallinem Cadmiumtellurid in den Detektoren. Das Ergebnis: detailliertere CT-Bilder, auf denen Ärzte die verschiedenen Organgewebe viel besser unterscheiden können.

Die ersten marktreifen CT-Geräte sind in diesem Jahr bereits im klinischen Einsatz. Und Siemens bereitet sich bereits auf die Massenproduktion von Tausenden von Maschinen in diesem Jahrzehnt vor. Es wird daher erwartet, dass die Technologie zum Industriestandard für zukünftige CT-Geräte wird.

Fahrzeugreifen sind heute echte Hightech-Produkte, die hohen physikalischen Belastungen standhalten und eine gute Haftung erreichen müssen. Bisher war dies nur mit Naturkautschuk möglich. Kein anderes Material wie Kautschuk auf Erdölbasis konnte da mithalten.

Die Tester Recker und Schulze-Gronover konnten zeigen, dass Löwenzahn-Kautschuk genauso gut ist wie der von Kautschukbäumen.

Doch nun haben die Materialforscherin Carla Recker von Continental in Hannover, der Biologe Dirk Prüfer von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Biochemiker Christian Schulze Gronover vom dortigen Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie eine weitere geeignete Nutzpflanze entdeckt: den Russischen Löwenzahn. Die drei konnten zeigen, dass Produkte aus dieser Pflanze denen aus Kautschuk ebenbürtig sind. 

Jährlich werden weltweit 14 Millionen Tonnen Naturkautschuk durch das Abzapfen von Kautschukbäumen geerntet. Die Nachfrage wächst stetig und der wertvolle Naturstoff könnte bald knapp werden. Darüber hinaus werden Kautschukbäume in Monokulturen meist in Süd- und Südostasien angebaut. Wertvolle Naturräume gehen so verloren.

Die Forscher haben Hochleistungs-Löwenzahnpflanzen gezüchtet.

Die Münsteraner Biologen optimierten den Löwenzahn, indem sie ihn so kultivierten, dass seine Wurzeln rund zehn Prozent Kautschuk enthalten. Und sie perfektionierten Anbaumethoden, entwickelten eine passende Erntemaschine und ein Extraktionsverfahren zur Gewinnung des Kautschuks. Mit ihnen erstellten die Reifenexperten von Continental Reifenprototypen, die zum Teil bessere Eigenschaften aufwiesen als herkömmliche Reifen.

2019 brauchte Continental einen Fahrradreifen aus Löwenzahn-Kautschuk auf dem Markt. Auch Pkw- und Lkw-Reifen möchte das Unternehmen in den nächsten Jahren zur Marktreife bringen.

Er hat es getan! Elon Musk ist der reichste Mann der Welt. Dank eines Börsen-Hypes um Technologie-Aktien in der Pandemie stieg das Vermögen des Tesla-Gründers auf rund 185 Milliarden Dollar (151 Milliarden Euro). Baue Autos, aber werde wie ein Technologieunternehmen geschätzt! Elon Musk ist dies gelungen.

Amazon-Gründer Jeff Bezos (hier mit Freundin Lauren Sanchez vor dem Taj Mahal) war seit 2017 der reichste Mann der Welt und spielte in einer eigenen Liga. Der Versandhändler Amazon ist seit der Pandemie gefragter denn je. Der Aktienkurs klettert von Rekord zu Rekord. Dadurch wurde Bezos deutlich reicher – doch mit einem Vermögen von 160 Milliarden Euro landet er nur auf Platz zwei.

In Zeiten von Pandemien von zu Hause aus zu arbeiten, ist für Eric Yuan ein großer Segen. Der Gründer von Zoom kam im Alter von 27 Jahren aus China in die USA. Nach einigen Jahren beim heutigen Wettbewerb WebEx baute er seine eigene Videoplattform auf. 2019 ging er mit Zoom an die Börse. Der Börsenkurs ist seit Corona explodiert. Das Vermögen des Basketballfans Yuan wird auf 16 Milliarden Euro geschätzt.

Geschlossene Fitnessstudios und Kontaktbeschränkungen bringen John Foley in die Karten. 2013 hatte er seine vernetzten Fitnessgeräte auf Kickstarter beworben, heute werfen Investoren das Geld seiner Firma Peloton hinterher. Der Aktienkurs hat sich seit Beginn der Pandemie verdreifacht und den 50-Jährigen unerwartet zum Milliardär gemacht.

Mit Shopify können Händler ihre eigenen Online-Shops erstellen. Hinter dem Konzept steht Tobias Lütke. 2002 wanderte der gebürtige Koblenzer nach Kanada aus und begann – typisch amerikanisch – in einer Garage. Shopify ist heute Kanadas wertvollstes Unternehmen. Der Aktienkurs hat sich seit März mehr als verdoppelt. Forbes schätzt das Vermögen des 39-Jährigen auf 7,5 Milliarden Euro.

Bereits im Januar setzte Ugur Sahin auf das richtige Pferd: einen Corona-Impfstoff. Der von seinem Mainzer Unternehmen BioNTech entwickelte Impfstoff ist einer der Hoffnungsträger im Kampf gegen die Pandemie. Damit ist Sahin, der aus der Türkei eingewandert ist, nicht nur plötzlich weltberühmt, sondern dank des Wertes seiner Unternehmensanteile auch mindestens zwei Milliardäre geworden.

Der Kochbox-Anbieter HelloFresh boomt: Gewinn mehr als verdreifacht, Umsatz mehr als verdoppelt – so die Quartalsbilanz Anfang November. Mitgründer und Gesellschafter Dominik Richter profitiert von geschlossenen Restaurants und dem Trend zum Selbstkochen. In die Riege der Corona-Milliardäre kann er noch nicht einsteigen, aber die richtigen Zutaten hat er bereits parat.

Der Versandhändler hat nicht nur Jeff Bezos in der Pandemie noch reicher gemacht. Auch MacKenzie Scott, seine Ex-Frau, konnte dank ihres Anteils an Aktien gut zulegen und rückte in der Rangliste der reichsten Frauen der Welt auf den ersten Platz vor. Mit einem geschätzten Vermögen von knapp 60 Milliarden Euro ist sie zudem ein mächtiger Konkurrent der Meister der Schöpfung.

Die renommierten Auszeichnungen für Forschung und Entwicklung in Deutschland gehen an die Erfinder des extrem kurzwelligen UV-Lichts, das Computerchips um ein Vielfaches leistungsfähiger macht.  

Mit künstlicher Intelligenz holprige oder fehlerhafte Prozesse aufspüren: Der Deutsche Zukunftspreis geht an Entwickler, die sich für die Verbesserung komplexer Prozesse einsetzen.  

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den diesjährigen Zukunftspreis an den Entwickler eines neuartigen Herpes-Medikaments verliehen. Weitere Teams kamen aus den Bereichen Maschinenbau und Chemie.  

© 2021 Deutsche Welle | Datenschutz | Impressum | Kontakt | Mobile Version