Sprengstoff im eigenen Körper: Experten fürchten neue Bombenmethode der Terroristen - DER SPIEGEL

2021-11-29 08:27:35 By : Ms. Caster Wheel ZR

Hamburg - Als Ende August ein Angriff auf ein Mitglied des saudischen Königshauses verübt wurde, war der Fall ein großes Rätsel: Der Attentäter, ein gesuchter Terrorist, war in das Büro von Prinz Mohammed Bin Naif eingedrungen, wo er seine explosives Gerät. Bin Naif, Sohn des Innenministers Prinz Najef und verantwortlich für die Terrorismusbekämpfung in Saudi-Arabien, wurde auf wundersame Weise verletzt.

Der Terrorist erschien bei einem Ramadan-Empfang in der Hafenstadt Jeddah und behauptete, er wolle sich den Behörden stellen. Doch wie konnte er mit einem Sprengsatz in Bin Naifs Zimmer gelangen – trotz höchster Sicherheitsvorkehrungen?

Terrorexperten haben nun offenbar die Antwort gefunden - und sie könnte beunruhigende Folgen haben: Der Attentäter trug die Bombe nicht wie bisher angenommen in seinem Handy - sondern in seinem Körper. Dies könnte den Experten zufolge Konsequenzen für die Anti-Terror-Strategie an Flughäfen haben.

"Das hat enorme Auswirkungen auf die Flughafensicherheit", sagte Peter Neuman, ein Terrorist am King's College in London, der BBC. Es könnte in Zukunft möglicherweise noch komplizierter werden, in ein Flugzeug zu steigen, sagte Neuman. "Wenn es wirklich stimmt, dass die Metalldetektoren den versteckten Sprengsatz nicht finden könnten, würde das bedeuten, dass die derzeit verwendeten Detektoren so gut wie nutzlos sind."

Attentäter in zwei Teile gerissen

Laut Medienberichten hatte der Attentäter von Jeddah etwa ein halbes Kilogramm Sprengstoff in sich. Laut der saudischen Zeitung "Okaz" war das Handy des Attentäters mit zwei SIM-Karten ausgestattet. Mit einem diente die Kommunikation mit seinen Komplizen im Jemen, mit dem anderen zündete die Terrorgruppe den Sprengsatz, dessen Zünder sich offenbar im Darm des Terroristen befand.

Der Sprengstoff soll in kleinen Bündeln enthalten gewesen sein, die nicht aus Metall waren. Welches Material der Attentäter gezündet hat, wird noch untersucht.

Der Terrorist soll in den 40 Stunden vor dem Angriff weder gegessen noch getrunken haben, um die Wucht der Explosion nicht zu verringern.

Dass Bin Naif nur leicht verletzt wurde, obwohl der Sprengsatz direkt neben ihm explodierte, wird darauf zurückgeführt, dass die Wucht der Explosion nur nach unten abstrahlte. Ein Krater wurde in den Boden gepresst und der Attentäter in zwei Teile gerissen.

Der Fall Jeddah stellt alle bisherigen Methoden zur Kontrolle von Flugpassagieren in Frage: So können beispielsweise sogenannte Ganzkörperscanner nur sichtbar machen, was Menschen unter der Kleidung tragen, nicht aber unter der Haut. Die Scanner verwenden Terahertz-Wellen, um in Sekundenschnelle ein genaues Bild des Körpers der Person zu liefern. Nicht nur Metallgegenstände, sondern auch Plastiksprengstoff oder illegale Schmuggelware sind zu finden. Scanner mit Röntgentechnologie liefern ähnlich präzise Bilder.

In den USA werden die Scanner bereits an Flughäfen eingesetzt oder getestet. Im Oktober 2008 stellte die EU nach einem Sturm der Empörung den Einsatz sogenannter Nacktscanner ein.

Hunderte Terrorverdächtige wieder in die Gesellschaft integriert

Der Anschlag auf Bin Naif war der erste bekannte Mordanschlag auf ein Mitglied der königlichen Familie seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA. Dann verstärkte Saudi-Arabien den Kampf gegen den Terrorismus und das Osama-Bin-Laden-Netzwerk. 15 der 19 Attentäter des 11. September kamen aus dem Königreich – ebenso wie bin Laden.

Die saudi-arabische Regierung versucht seit mehreren Jahren, Mitglieder terroristischer Organisationen durch ein Reintegrationsprogramm zum Aufgeben zu bewegen. Nach Angaben des saudi-arabischen Innenministeriums haben sich bereits mehrere Terroristen ergeben. Hunderte Terrorverdächtige wurden wieder in die Gesellschaft integriert. Zwischen 2003 und 2006 verübten al-Qaida-nahe Terroristen eine Reihe von Anschlägen in Saudi-Arabien.

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